Technisches Weißbuch zu Industrierollen

Veröffentlichungsdatum: Sep 22,2025

Industrielle Rollertechnik-Weißbuch

V1.0 – 2025/09

– Leitfaden zur quantitativen Auswahl und Optimierung der Lebenszykluskosten (LCC) für Zuverlässigkeitsingenieure

0 Zusammenfassung

Im Falle von Ausfällen mobiler Ausrüstungen sind 22,7 % auf Konstruktions-, Auswahl- und Wartungsfehler des Rollensystems zurückzuführen (China Heavy Machinery Industry Association, 2024). Dieses Weißbuch stellt im Rahmen eines dreifachen Kopplungsmodells aus "Funktion-Umwelt-Daten" einen nachvollziehbaren und prüfbaren Engineering-Prozess zur Rollenauswahl vor und integriert erstmals Materialgenomik, digitale Zwillinge zur Überwachung sowie die Bewertung des CO₂-Fußabdrucks in einen gemeinsamen Entscheidungsraum. Dadurch erhalten Zuverlässigkeitsingenieure eine vollständig geschlossene technische Roadmap – von der Anforderungserfassung bis hin zur Rückführung und Recycling am Ende der Lebensdauer.

1 Begriffe und Symbole

Cdyn: Dynamischer Belastungskoeffizient

Cstat: Statischer Belastungskoeffizient, ≥1,25 (DIN EN 12532)

L10: Ermüdungslebensdauer bei 90 % Zuverlässigkeit (ASTM D6055)

IPxx: Schutzklasse (IEC 60529)

LCC: Lebenszykluskosten, Einheit USD/1000 km

2 Systemgrenzen und Versagenskriterien

2.1 Systemgrenzen

Rollensystem = Rollenfläche + Lager + Halterung + Befestigungselemente + Sensor (optional) + Schmiermittel/Dichtungen

2.2 Versagenskriterien

① Restdicke der Lauffläche ≤ 70 % der ursprünglichen Dicke

② Dauerhafte Verformung des Stents ≥ 0,5°

③ Temperaturanstieg des Lagers ≥ 40 K

④ Sensor-Signaldrift ≥ 3 % des Messbereichs

Ein Auslösen einer der Bedingungen führt zur Feststellung des Lebensendes.

3 Anforderungserfassungsmatrix (RDM)

Dimension Gewicht Bewertungskriterium

F1 trägt 30 %, siehe 4.1

F2-Puffer 15 % Stoßabsorptionsrate η ≥ 30 %

F3-Umgebung: 25 % Temperatur, Chemie, IP-Schutzklasse etc.

F4 Wartung 10 % MTTR ≤ 15 min

F5-Daten zu 10 % zugänglich über MQTT/OPC-UA

F6 Nachhaltig 10 % CO₂e ≤ 2,3 kg/Runde

4 Quantitative Auswahlalgorithmen

4.1 Träger-Submodell

Pmax = (m·g·Cdyn·Csicherheit) / (n·k)

m: Gerätemasse [kg]

n: Anzahl der Rollen

k: Straßenbelagsfaktor (glatter Beton 1,0, Schweißnähte 1,3, 15%-ige Rampe 1,5)

Csafety: Sicherheitsfaktor ≥1,25 (statische Belastung) oder ≥2,0 (Stoßbelastung)

4.2 Material-Umwelt-Kopplungsmatrix

Material Temperaturfenster chemische Beständigkeit Oberflächenwiderstand Verschleißrate [mm³/N·m]

UHMW-PE –40~80 °C, hervorragend 10¹⁴ Ω, 1,3 × 10⁻⁷

PA12-cf –50~150 °C bei 10³ Ω 4,1×10⁻⁸

Vulkollan® –30~110 °C gut 10¹¹ Ω 2,7×10⁻⁸

316L-Gussrad –40 bis 250 °C, exzellent 10⁻¹ Ω, 5,5 × 10⁻⁹

4.3 Lebensdauerprognose

Einsatz der modifizierten Miner-Regel mit dem temperatur-belastungsgekoppelten zweiaxialen Beschleunigungsmodell:

L10 = (σ₀/σ)^b · 2^((T₀–T)/10) · Lref

b = 9,2 (Experimentelle Anpassung mit Polyurethan-Rädern)

5 Digitaler Zwillingsschicht

5.1 Sensor-Topologie

Sechsachsiger Kraftsensor + Dreiachsen-Beschleunigungsmesser + Temperatur-/Feuchtigkeitssonde, Abtastrate 1 kHz, nach der Edge-FFT wird ein 64-dimensionaler Merkmalsvektor hochgeladen.

5.2 Fehlermerkmalsbibliothek

Fehlermodus, Eigennfrequenz, Vertrauensschwelle

Stützstrukturermüdung 540–580 Hz Mahalanobis > 4

Lager sind schmierstoffarm – 2,1×BPFI-Energieverhältnis > 3σ

Laufflächenablösung 0,8–1,2×Rollfrequenz Spitzenfaktor > 6

5.3 Restlebensdauer-Vorhersage (RUL)

Bei Verwendung der XGBoost-Regression betrug die mittlere absolute Abweichung MAE = 4,7 h (Testset n = 120), wobei 64-dimensionale Merkmale + Betriebszustandskennwerte als Eingaben verwendet wurden.

6 Nachhaltigkeit und Compliance

6.1 Kohlenstofffußabdruck

Cradle-to-Gate-Phase:

Stahlhalterung 1,8 kg CO₂e

Polyurethan-Laufsohle 0,7 kg CO₂e

Sensormodul 0,3 kg CO₂e

Insgesamt 2,8 kg CO₂e/pro Rad – eine Reduzierung um 34 % gegenüber der herkömmlichen Lösung.

6.2 Recyclingstrategie

Die Laufradmaterialwahl fiel auf thermoplastisches Polyurethan (TPU), das ein geschlossenes physisches Recycling unterstützt; der Halter besteht aus einem 316L-Ein-Legierungsentwurf, der keine zweite Sortierung erfordert.

7 Implementierungsprozess (PRINCE2-Schnittstelle)

Phase 1: Anforderungsprüfung → Ausgabe RDM

Phase 2: Algorithmusauswahl → Ausgabe des Berechnungsbuchs (inklusive Python Jupyter Notebook)

Phase 3: Prototypenvalidierung → 5 × 10⁴ Zyklen ASTM D6055 seitliche Ermüdung + 1000 h Salzsprühnebel

Phase 4: Kleinserieneinsatz → Einführung des digitalen Zwillings, A/B-Vergleich der MTBF

Phase 5: Serienproduktion und kontinuierliche Verbesserung → Vierteljährliche Aktualisierung der Fehlermerkmalsbibliothek

8 Fallübersicht

Fall A: Halbleiter-Wafer-Transportwagen

Anforderungen: Reinheit Klasse 100, statische Elektrizität <50 V, Geräuschpegel <55 dB(A)

Auswahl: UHMW-PE-Laufoberfläche + 316L-Halterung + leitfähiges Fett, LCC um 22 % reduziert

Fall B: Logistik für neue Energiebatterien

Anforderung: Kühlhaus bei -30 °C, Elektrolyttröpfeln, 24×7-Betrieb

Auswahl: PA12-CF-Radfläche + Magnetcodierter Doppelrad-Satz, Vorhersagefehler der RUL 4,2 Stunden, Ausfallzeiten reduziert um 38 %

9 Fazit und Ausblick

Die Rollen sind nicht länger passive "Gleitelemente", sondern Echtzeit-Datenknoten und nachhaltige Designeinheiten. Durch die Integration von Materialgenomik, Lebensdauer-Algorithmen und digitalen Zwillingen können Ingenieure bereits in der Entwurfsphase mindestens 90 % des Ausfallrisikos ausschließen und den LCC um 15–40 % reduzieren. Die nächste Arbeitsphase konzentriert sich auf die energieeffiziente Implementierung von Edge-AI (<200 μW/Rad) sowie auf die industrielle Umsetzung eines Blockchain-basierten Rückverfolgungsnetzwerks für das Recycling.